MEIN BOGENWEG

Mein Bogenweg.

Bogenschiessen hat mein Leben völlig umgekrempelt und ich habe damit zu mir selbst gefunden.
Bogenschiessen ist für mich nicht mehr nur ein Sport, vielmehr eine Lebenseinstellung. Die Liebe zu Pfeil und Bogen, mein gesammeltes Wissen über den Bau und den Umgang damit ist meine Profession geworden, die ich in meinen Kursen und Seminaren weiterreiche.
Die ersten 10 Jahre meines Bogenweges jagte ich gnadenlos dem sportlichen Erfolg hinterher und befriedigte meinen Ehrgeiz an Siegen und Meistertiteln, und fand am Erfolg Gefallen. Seit gut 10 Jahren übt der Turniersport aber keinen Reiz mehr auf mich aus. Ganz im Gegenteil, Turniere stoßen mich seither eher ab, und ich schäme mich fast schon ein wenig für mein früheres Streben nach Erfolg und Anerkennung. Dennoch stammen mein heutiges Wissen und meine Erfahrung ganz besonders aus dieser Zeit.
Nun erst genieße ich das Bogenschiessen ganz unbeschwert. Der freie Umgang mit Pfeil und Bogen in der Natur, der leise Flug der Pfeile zum puren Vergnügen, die Herstellung der eigenen Ausrüstung aus Lust und Freude am handwerklichen Tun, befriedigen mich unendlich viel tiefer als das frühere Streben nach Erfolg und Anerkennung.
Meine Geräte reduzieren sich immer mehr auf das wirklich Nötige. Manchmal ist es nicht viel mehr als ein schnörkelloser gebogener Stock mit selbstgedrehter Naturfasersehne, die Pfeile sind wie einst, gefährlich und schön, wie die unserer trefflichen Ahnen. Alles mache ich in beglückender Handarbeit nach altem Vorbild selber, nichts Synthetisches will ich mehr verwenden, je näher den ursprünglichen Originalen, desto lieber. Das heißt aber nicht, dass meine Bogen primitiv, uneffektiv und hässlich sind, nein, ganz im Gegenteil. Die Schönheit der natürlichen Werkstoffe und die liebevolle handwerkliche Verarbeitung meiner Ausrüstung übertreffen an Liebreiz und Ästhetik bei weitem alle industriell gefertigten Gegenstände aus künstlichen Werkstoffen um ein Mehrfaches.
Nun erst genieße ich das schießen mit dem Bogen und den Flug der Pfeile für sich alleine als Selbstzweck. Natürlich sollen meine Pfeile ihr Ziel auch jetzt noch treffen- geht aber ein Pfeil daneben, empfinde ich das nicht mehr als persönliches Versagen oder als Mangel, der mir die Freude an diesem Schuss, oder gar den ganzen Tag vermiest. Bogenschiessen war einst sehr wichtig und Schiessen hatte und hat auch heute noch mit Treffen Wollen (oder müssen) zu tun. Nun aber steht bei mir das Treffen Müssen um jeden Preis nicht mehr an erster Stelle. Darum verzichte ich auf jedes moderne Hilfsmittel. Ich will kein Visier mehr, kein neuzeitliches Bogenfenster, keinen Stabi, kein Blankbogenzielsystem, keinen auf Holzoptik getrimmten Alu- oder Karbonpfeil, keine Glasfaser, kein Karbon oder anderes Plastik mehr, kein..kein..kein !!! Nur noch das ursprüngliche reine intuitive schießen mit Pfeil und Bogen, als lustvolles Spiel in der freien Natur. Nur noch: Urinstinkt, Augenmaß, Selbsterfahrung, Leidenschaft, Freude am Flug der Pfeile, Bogen und Pfeile aus schönen natürlichen Werkstoffen, Wind, Sonne, Natur, und den Duft der Landschaft! Damit habe ich meine Erfüllung und meine Berufung gefunden - und ich vermisse nichts.

Karl Saur (2009)